Mrz 24, 2017 Frank Flüchtlingsintegration Gastro, Main Slider 3
Den folgenden Leitfaden zur Existenzgründung finden Sie hier auch auf Englisch.
Viele deutsche Städte wären ohne ihre kulinarische Vielfalt nicht wiederzuerkennen. Nicht nur in Großstädten wie Berlin, Hamburg oder München prägen zahlreiche internationale Restaurants, Bars und Cafés das Gesicht der Stadt und tragen zu Vielfalt und Lebensqualität bei.
Auf der anderen Seite ist es für viele nach Deutschland Geflüchtete ein großer Wunsch, eine eigene gastronomische Unternehmung zu gründen. Schließlich waren Einige bereits in Ihren Heimatländern Restaurantbesitzer oder Caféinhaber. In der neuen Heimat bedeutet der Weg in die Selbstständigkeit eine Chance für Integration und gesellschaftlichen Aufstieg, doch im Durchschnitt dauert es für Zuzügler etwa 11 Jahre, bis das eigene Unternehmen realisiert ist. Begründet liegt dieser lange Zeitraum in Sprachbarrieren, finanziellen Schwierigkeiten und nicht zuletzt im deutschen Behördendschungel. Dieser Leitfaden soll helfen, bürokratische Hürden zu überwinden und Geflüchteten aus nicht EU-Ländern den Einstieg in die Selbstständigkeit zu erleichtern.
Es mag banal klingen, doch für die Gründung des eigenen Unternehmens ist das Erlernen der deutschen Sprache essentiell. Schließlich ebnet sich der Weg in die Selbstständigkeit erst durch das Knüpfen von Kontakten zu Geschäftspartnern, Zulieferern, Kunden und Kreditgebern. Wer die Idee der eigenen Existenz verfolgt, muss also zunächst testen, ob die Deutschkenntnisse dafür ausreichen. Falls nicht, sollte vorher ein Sprachkurs besucht werden. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bietet zum Beispiel Kurse für verschiedene Sprachniveaus an. Neben dem Integrationskurs für den Erwerb der Stufen A1 bis B1 gibt es die berufsbezogene Deutschsprachförderung, die an verschiedenen Standorten in Deutschland angeboten wird.
Wer in Deutschland einen gastronomischen Betrieb gründen möchte, sollte außerdem prüfen, ob die eigene Geschäftsidee auf genügend Nachfrage trifft. Die meisten internationalen Restaurants in Deutschland bieten zum Beispiel nicht alle Speisen der Heimatkultur an, da diese für Europäer schlichtweg zu fremdartig wären. Wer hingegen eine Speise anbieten möchte, die sich am deutschen Markt etabliert hat, muss prüfen, ob am gewünschten Standort nicht bereits zu viel Konkurrenz herrscht.
Ob man als Geflüchteter eine selbstständige Tätigkeit aufnehmen kann, ist abhängig vom Asylbewerberstatus. So dürfen Personen, die nur geduldet werden, d.h. deren Asylantrag abgelehnt wurde, grundsätzlich kein Unternehmen in Deutschland gründen. Personen, über deren Antrag positiv entschieden wurden, gelten als anerkannte Flüchtlinge und erhalten automatisch eine Aufenthaltsgenehmigung und Arbeitserlaubnis. Für die Existenzgründung bedarf es jedoch darüber hinaus des sogenannten „Aufenthaltstitels“ zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit. Dieser Titel muss bei der Ausländerbehörde beantragt werden. Sie entscheidet dann nach bestimmten Kriterien und in Abstimmung mit den Handelskammern und Berufsverbänden, ob der Antrag bewilligt wird oder nicht. Zu den Kriterien gehören folgende Punkte:
Damit die Ausländerbehörde über diese Kriterien entscheiden kann, benötigt sie folgende Dokumente:
Zu beachten ist, dass Personen, die über 45 Jahre sind, nur dann einen Aufenthaltstitel erhalten, wenn sie eine Altersvorsorge nachweisen können. Der Aufenthaltstitel wird zunächst auf drei Jahre befristet. Wenn das Unternehmen wirtschaftliche Erfolge verzeichnet und der Lebensunterhalt des Gründers und seiner Familie gesichert ist, kann im Anschluss eine Niederlassungserlaubnis beantragt werden.
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Ein Businessplan wird nicht nur für die Ausländerbehörde, sondern auch für potentielle Kreditgeber benötigt. Er umfasst alle Schritte, die bei der Umsetzung der Geschäftsidee bedacht werden müssen. In einem vollständigen Businessplan müssen die folgenden Punkte beschrieben werden:
Zum Erstellen des Businessplans gehört auch ein Kapitalbedarfsplan, die Liquiditätsplanung und die Rentabilitätsvorschau, die im Anhang beigefügt werden. Diese Dokumente sind sowohl der Ausländerbehörde vorzulegen und als auch zukünftigen Kreditgebern.
Im Internet gibt es zahlreiche Vorlagen, die helfen, einen Businessplan für einen Gastronomiebetrieb zu schreiben. In jedem Fall sollte auch die Hilfe der regionalen Beratungsstellen für die Existenzgründung in Anspruch genommen werden. Viele haben sich auf die Beratung von Existenzgründern mit Migrationsgeschichte spezialisiert und helfen beim Verfassen eines Businessplans.
Die Ausländerbehörde, zukünftige Vermieter und Investoren fordern einen Nachweis für die finanzielle Tragfähigkeit der Unternehmung. Gerade die Finanzierung ist häufig eine der größten Hürden bei der Umsetzung der eigenen Geschäftsidee. Geflüchtete haben meist den Großteil ihres Geldes für die Reise gezahlt oder können ihr Geld nicht nach Deutschland transferieren. Darüber hinaus fallen Freunde, Bekannte und Familienmitglieder als potentielle Geldgeber in der Regel weg. Nicht zuletzt ist es kompliziert, einen Kredit zu erhalten, wenn die Dauer des Aufenthaltsstatus offen ist.
Nichtsdestotrotz stehen potentiellen Gründern mit Migrationshintergrund prinzipiell die gleichen öffentlichen Fördermittel seitens des Bundes und der Länder zur Verfügung, wie deutschen Gründern. Voraussetzung ist ein Aufenthaltstitel für die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit. Zu beachten ist aber, dass diese Fördermittel schon vor der Aufnahme der Selbstständigkeit beantragt werden müssen. In der Förderdatenbank sind alle Fördermöglichkeiten von Bund, Ländern und der EU verzeichnet. Zusätzlich bietet die Kreditanstalt für Wiederaufbau Kredite für Existenzgründer, zum Beispiel den ERP-Gründerkredit. Weitere Anlaufstellen für die Beratung über Finanzierungsmittel finden Sie hier.
Der Aufenthaltstitel ist genehmigt und die Finanzierung ist gesichert. Doch was passiert jetzt? Vor Aufnahme der Geschäftstätigkeit muss das Unternehmen beim Gewerbeamt angemeldet werden. Dafür wird ein Formular ausgefüllt und eine Anmeldegebühr bezahlt. Für Gaststätten wird darüber hinaus eine Erlaubnis bzw. Konzession benötigt. Diese wird beim zuständigen Ordnungsamt beantragt. Welche Nachweise dafür benötigt werden, erfahren Sie hier.
Für die zukünftigen Mitarbeiter muss außerdem eine Betriebsnummer bei der Agentur für Arbeit beantragt werden. Diese wird zum Beispiel benötigt, um sie bei der Krankenkasse anzumelden. Zusätzlich muss jeder Mitarbeiter bei der zuständigen Berufsgenossenschaft gemeldet werden.
Sinnvoll ist darüber hinaus das Eröffnen eines Firmenkontos. So können private und geschäftliche Transaktionen besser im Auge behalten werden.
Schließlich müssen geeignete Versicherungen abgeschlossen werden. Gesetzlich verpflichtend ist in Deutschland in jedem Fall eine Krankenversicherung. Darüber hinaus bietet sich der Abschluss einer Betriebshaftpflichtversicherung an, denn im Restaurant oder Café gibt es viele Risiken, gegen die man sich absichern sollte: Zum Beispiel, wenn ein Gast nach dem Verzehr einer Speise in Ihrem Restaurant erkrankt. Um gegen juristische Auseinandersetzungen gewappnet zu sein, etwa mit dem Vermieter oder Zulieferern, hilft darüber hinaus der Abschluss einer gewerblichen Rechtschutzversicherung.
Der Weg bis zur Gründung eines gastronomischen Betriebs scheint weit und in Anbetracht der vielen bürokratischen Anforderungen manchmal unmöglich, vor allem, wenn man gerade erst im neuen Land angekommen ist. Es bedarf einer Menge Geduld, psychischer Belastbarkeit und Durchhaltevermögens. Dass es dennoch möglich ist, sich als Geflüchteter in der Gastronomie selbst zu verwirklichen, zeigt das Beispiel der beiden Syrer Mohamed Rabi Alkasim und Bassam Albabi, die seit 2016 ein syrisches Restaurant in Oberhausen betreiben. Auch die syrische Familie Albaghdadi hat es 2016 geschafft, einen Falafel-Imbiss im oberbayrischen Ort Gars zu gründen.
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3 Kommentare zu “Existenzgründung: Leitfaden für Geflüchtete”